Im Baselbieter Landrat ist die Debatte um das revidierte Energiedekret abermals hochgekocht. Im Zentrum der Diskussionen stand dabei erneut der umstrittene Artikel zum Heizungsersatz, der ein faktisches Erneuerungsverbot für fossile Heizsysteme enthält (wir berichteten). Zur Erinnerung: Die Regierung will, dass ab dem 1. Januar 2026 bei einem anstehenden Ersatz einer Öl- und Gasheizung, die älter als 15 Jahre ist, nur noch eine Heizung mit erneuerbaren Energien eingebaut werden darf.
Angesichts der voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 stattfindenden Abstimmung über die kantonale Gesetzesinitiative «Energiepolitik nur mit der Bevölkerung», die dieses Verbot wiederum kippen würde, fordern bürgerliche Landräte – allen voran SVP-Vertreter Peter Riebli und Andi Trüssel – eine Sistierung dieser Bestimmung.
So konfrontierten die beiden SVPParlamentarier die Regierung zuletzt in der Fragestunde vom 16. Oktober mit Fragen zu einem möglichen Aufschub der Einführung dieses Dekretpunktes, bis das Volk sich dazu entschieden hat. Die eingereichten Fragen aber wurden – so heisst es aus bürgerlichen Kreisen – nur unzureichend beantwortet.
SVP-Landrat Peter Riebli zeigte sich auf Anfrage nicht zufrieden. Er kritisiert, dass die Regierung der entscheidenden Frage stets ausweicht: Riebli will wissen, ob die Regierung bereit ist, den Vollzug des Heizungsersatzes bis zur Volksabstimmung auszusetzen?
Ermessensspielraum vorhanden
Statt auf diese Frage einzugehen und den rechtlichen Rahmen respektive den bestehenden Handlungsspielraum darzulegen, erhielt Riebli vom zuständigen Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) keine konkrete Antwort. Für den SVP-Landrat ein echter Skandal: «Es geht nicht, dass die Regierung geltendes Recht selektiv so auslegt, dass ihr Handlungsspielraum verschwindet, wenn dieser politisch unbequem ist.»
Goran Seferovic, Anwalt und Professor für öffentliches Wirtschaftsrecht in Zürich und Experte für Staats- und Verwaltungsrecht, kommt zum Schluss: Der Regierungsrat hätte sehr wohl die Möglichkeit, dem Landrat eine vorübergehende Änderung des Energiedekrets vorzuschlagen. Zwar hält Seferovic auf Anfrage fest, dass der Regierungsrat vom Landrat nur die Kompetenz erhalten habe, die Bestimmungen in Kraft zu setzen, nicht aber diese wieder aufzuheben. Wichtig: Darüber hinaus jedoch könnte der Regierungsrat dem Landrat eine vorübergehende Änderung des Energiedekrets vorschlagen. «Der Regierungsrat könnte mittels seines Initiativrechts eine Revision des Dekrets beantragen, wonach der Artikel zum Heizungsersatz temporär aufgeschoben würde, bis über die Initiative abgestimmt worden ist», erklärt Seferovic.
Riebli wollte deshalb von der Regierung wissen: «Ist die Annahme richtig, dass der Regierungsrat schlicht nicht willig ist, die Einführung des Heizungsverbots als Teilbestandteil des Energiedekrets zu verschieben?»
Ball nun wieder bei Regierung
Eine Verschiebung des Zeitpunktes, ab wann das faktische Ölheizungsverbot gilt, hätte vor allem eine staatsrechtlich saubere Vorgehensweise zur Folge und wäre politisch die beste Lösung. Denn so würde die Baselbieter Regierung für Hauseigentümer Rechtssicherheit und Planbarkeit schaffen. Und sie würde verhindern, dass sie innert weniger Monate nachbessern muss, falls es zu einer erneuten Gesetzesanpassung nach der Abstimmung käme. Denn sollte die Initiative «Energiepolitik nur mit der Bevölkerung» angenommen werden, müsste die aktuelle Regelung überarbeitet werden.
Für viele Bürgerliche ist klar: Der Regierungsrat versteckt sich hinter einer engen Auslegung seiner Kompetenzen, statt pragmatisch und mit Blick auf die kommende Abstimmung zu handeln. «Gerade in der aktuell unsicheren Lage wäre eine Sistierung im Interesse aller – Eigentümer, Installateure und Verwaltung», sagt FDP-Vertreterin Christine Frey. Eine Einschätzung, die auch im Einklang mit den Vorstellungen des HEV Baselland steht. Auch dieser fordert, dass die Regierung rasch handelt und die Einführung des Öl- und Gasheizungsverbots sistiert.
Die Regierung hingegen zeigte sich bisher unbeeindruckt. Sie verweist auf den Landratsbeschluss vom Oktober 2023, wonach sie das Inkrafttreten festlegen solle. Dass sie auch aktiv eine Änderung des Dekrets beantragen könnte, blieb bislang unerwähnt. Ob der Regierungsrat diese Option nun prüft, bleibt offen. Mit der juristischen Einschätzung ist klar: Der Ball liegt erneut in der Spielfeldhälfte der Regierung. Die Frage ist nur, ob diese auch bereit ist, ihn anzunehmen.
